25. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C

18. September 2022

 

 

Immer wieder gibt es Stellen in der Heiligen Schrift, bei denen wir ein gewisses Befremden fühlen. Stellen, die unseren Widerspruch hervorrufen. Oft wird versucht, das Widersprüchliche wegzuschaffen, zu glätten, zu harmonisieren. Die Worte werden bildlich oder im weiteren Sinne genommen, doch wir merken nur allzubald, dass das Befremden bleibt. Wirklich fertig werden können wir mit solchen Stellen erst dann, wenn wir sie so nehmen, wie sie sind, wenn wir von unserem persönlichsten Dasein aus die Beziehung zu ihnen suchen.

Zu solchen Stellen, die bei uns Befremden auslösen, gehört sicher auch die Perikope des heutigen Evangeliums. Irgendwie bringt uns das Gleichnis vom ungerechten Verwalter, wie er heute in der Einheitsübersetzung genannt wird – früher nannte man ihn den untreuen Verwalter – Irgendwie bringt uns dieses Gleichnis in Verlegenheit. Ist es nicht eine schier befremdende Primitivität, wie hier das christliche Dasein in Zeit und Ewigkeit gesehen wird? 

Ist es nicht verwunderlich, dass der Gutsherr den Verwalter, den er eben erst gekündigt hat, plötzlich lobt?

Nehmen wir uns einmal Stück um Stück dieses Gleichnisses vor!

 

Der Verwalter hat veruntreut. Der Gutsherr hört, dass etwas nicht stimmt, zitiert den Verwalter zu sich, verlangt Rechenschaft von ihm und kündigt ihm. 

Der Verwalter wiederum überlegt nun, was er machen soll. Er beschließt, sich die Schuldner seines Herrn zu verpflichten. Er erläßt ihnen Teile ihrer Schuld, weist sie an, neue Schuldscheine auszustellen und unterschreibt diese. So, meint er, würden diese Leute ihm dankbar sein und ihn durchbringen, wenn er nun bald arbeitslos sein würde.

Letztlich ist auch diese Handlungsweise Betrug an seinem Gutsherrn. Dieser merkt den Betrug und ruft wahrscheinlich aus: „So ein gerissener Kerl!“ – Wahrlich kein besonders ehrendes Lob...

Warum aber hat Christus dieses Gleichnis erzählt: Weil er mir und dir sagen will: Der ungerechte Verwalter – das bist du!

„Warum ich?“ – könnten wir jetzt fragen.  Nun – wenn wir wirklich eine tiefe persönliche Beziehung zu diesem Gleichnis suchen, wenn wir sehen und erkennen wollen, wie dies unser Leben betrifft, so müssen wir überlegen, welche handelnde Figur aus diesem Gleichnis uns am besten entspricht. Schwerlich kann ich von mir sagen, ich sei der Gutsherr. Denn dieser wird geschildert als reicher Mann, mit viel Besitz. Doch was besitze ich? Mein Geld? Das kann ich einbüßen, eine Wohnung, ein Haus, ein Grundstück? Wie schnell kann dies weg sein, verbrennen, zerstört sein. Eine gesellschaftliche Stellung, Ehre, Ansehen? Wir können sie verlieren? Die Gesundheit? Wir können krank werden. Leib und Leben? Wir können sterben.  Das Gefühl zu besitzen ist letztlich Trug! Wirklich zu eigen haben wir nichts. Gott ist der Eigentümer, der Herr. Uns ist dies alles anvertraut, wir sind also die Verwalter. 

 

Und Christus sagt uns: „Du bist ein ungerechter Verwalter!“

 

Warum ungerecht? Wir haben nicht gestohlen und unterschlagen! 

 

Aber wir haben genossen, wo wir arbeiten sollten, wir haben vergeudet, was wir nutzen sollten. Wir haben oft als selbstverständlich erachtet, was im tiefsten Anfang Gottes Geschenk an uns war. Wir haben undankbar entgegengenommen, was aus Gottes schöpferischer Vaterliebe uns geschenkt wurde! 

Schon das Amos-Buch zeigt uns diese Erfahrung, dass das Sinnen und Trachten des Menschen oftmals zum eigenen Vorteil, zum Schaden des Nächsten, vor allem aber auch zum Schaden des Weges der Wahrheit, des Weges Gottes steht.

Wenn ich heute zur Rechenschaft gezogen würde, wenn Gott gleichsam meine Bücher kontrollieren wollte, meine Abrechnung, ob auch genügend Dank auf dem Konto steht, ob mein Umgang mit all den geschenkten Gütern und Talenten, mit jedem Tag meines Lebens, den ich dankbar aus Gottes Hand empfangen hätte sollen, der richtige war  -  Wahrlich, es stünde nicht gut mit mir!

Und auch ich müßte mir – wie der untreue Verwalter im Gleichnis die Frage stellen: Was muß ich tun, um in dieser Lage vor meinem Herrn zu bestehen?

Soll ich auch betrügen, wie der Mann im Gleichnis?

Natürlich – Jesus will uns nicht zum Betrügen anstiften. Weil wir aber Kinder des Lichtes sein wollen, können wir von der Klugheit der Kinder der Welt lernen. Es geht darum, jenen Besitz dieser Welt, alles, was uns hier zu eigen ist, alles, was in einer Ordnung der Gerechtigkeit als ungerecht oder unredlich zu bezeichnen ist, und damit wirklich alles -  in die Ordnung der Liebe zu tragen.

 

Denn Christus hat durch seinen Tod und seine Auferstehung, durch sein Erlösungswerk hier an uns, dieser Welt eine neue Ordnung gebracht. Eine Ordnung der Liebe. Die Gerechtigkeit ist damit nicht ausgelöscht, wohl aber ist sie aufgenommen in die Liebe.

 

Wären wir auch in der Ordnung der Gerechtigkeit in unserer Untreue verloren, könnten wir in der Ordnung der Gerechtigkeit mit unserem Tun – mehr noch mit unserem Nicht-Tun  - vor Gott nicht bestehen, so sehen wir in der Ordnung der Liebe uns eingeborgen in die Barmherzigkeit des Vaters, der aus Liebe zu uns seinen Sohn nicht verschont hat, um uns zu erlösen.

Es geht also darum, all das, was uns von Gott her geschenkt ist, auch und vor allem das Irdische  - in den Dienst der Liebe zu stellen. Schaffen wir uns Freunde, helfen wir um Christi willen, um damit eine innere Verbundenheit im Glauben, eine Sinneseinheit mit den Menschen zu schaffen. 

 

Christus fordert von uns heute erneut eine nüchterne, realistische Betrachtung unseres Daseins. Deshalb gibt er uns ein Gleichnis, das uns auf den ersten Blick hin doch allzu irdisch erschienen ist. Doch aus der scheinbaren Primitivität des Ansatzes führt die Linie auf die letzte Höhe. Nehmen wir diese Spannung wahr und lernen wir zu verstehen, wie das Christentum den Menschen sieht, wie es ihn in Tat und Wahrheit befreien will.

Bitten wir den Herrn heute erneut, dass wir aus Liebe zu ihm die Treue im kleinen wahren können, dass er uns Großes anvertraut. Bitten wir ihn, dass wir von Herzen Seine Ordnung der Liebe hineintragen in unsere Zeit, dass wir so lernen, dem einen und wahren Herrn zu dienen, unserem letzten Ziel - unserem Vater in Ewigkeit.

Amen.

 

 

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