10. Sonntag im Jahreskreis B - 7. Juni 2015

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Eine Frau, die über Jahre einen Priester aufsuchte, von ihm begleitet wurde, sagte in Selbstanklage: „Ich kann das Vaterunser nicht beten, weil mir die Worte ´Dein Wille geschehe´ nicht über die Lippen wollen.“ Über Monate hinweg ist es dem Priester nicht gelungen, der Frau zu vermitteln, was „Wille Gottes“ im biblischen Sinne bedeutet. Ist der Wille Gottes wirklich ein dunkles, undurchschaubares Geschick, in das man sich fügen muss? So wie es das Wienerlied in negativer Abgrenzung ausdrückt: „Wenn der Herrgott net will, nutzt des gar nix?“

Warum gelingt es uns in der christlichen Verkündigung so schwer, zu vermitteln, was Jesus mit dem Willen Gottes gemeint hat - und was schon vor Jesus im Alten Testament damit gemeint ist? - Diese Frage sollten wir uns als Kirche, als Pfarrgemeinde, immer wieder stellen. 

Blickt man in die Texte des heutigen Sonntags, so darf man erkennen, dass hinter dem Willen Gottes kein dunkles, unausweichliches Schicksal steht, auch nicht ein Tyrann, der sich durchsetzen will. Die biblischen Worte für „wollen“ haben einen freundlicheren Klang. Sie meinen „etwas wünschen“, „nach etwas Sehnsucht haben“, „von etwas träumen“.

Wovon träumt Gott? Was ist seine Sehnsucht? - Klingt sehr menschlich, diese Frage, aber sie ist berechtigt, wenn wir uns bemühen wollen, den Willen Gottes zu erfüllen, wie es uns Jesus aufträgt, wenn wir im Vaterunser ehrlich die Bitte aussprechen wollen: „Dein Wille geschehe“. 

Gott hat Freude an seinem Knecht, seinem Volk. Sein Volk soll Licht für die Völker sein, so lesen wir bei Jesaja. Gott hat keine Freude an denen, die sich ihren Einfluß erkaufen, nicht an denen, die sich mit Gewalt durchsetzen, sei es mit der Kraft ihrer Ellbogen - das klingt auch in der tragischen Erzählung des Sündenfalls aus dem Buch Genesis durch. 

Gott schenkt denen eine Zukunft, die nach Gottes Gesellschaftsordnung zu leben versuchen. Und da gelten andere Spielregeln als bei den Kindern dieser Welt. Da geht es um Freigebigkeit, Vergebung, Gewaltfreiheit. Da geht es auch um die Demut, anzuerkennen, dass unser menschliches Wissen, unser Horizont beschränkt ist. Dass wir nicht hinter alles blicken können, dass uns manches Wissen nicht zusteht oder erst langsam eröffnet wird, keinesfalls dürfen wir es uns gewaltsam aneignen. 

Die Gesellschaft, die Gott wünscht, die er sich ersehnt, ist nicht eine weltfremde Utopie. Es gibt Gegensätze zwischen Arm und Reich. Aber es gibt die Freigebigkeit, die verhindert, dass diese Gegensätze zementiert oder am Ende sogar als gottgewollt dargestellt werden. 

Gottes Gesellschaft ist auch nicht frei von Konflikten. Nur hat Gott keine Freude daran, wenn Menschen ihre Konflikte mit Gewalt zu lösen versuchen. Auch nicht mit der gewaltdurchsetzten Sprache, wie es die Schriftgelehrten versuchen. 

Wenn Jesus nun sagt: „Jeder, der den Willen meines Vaters tut, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter“, dann verdeutlicht er nur was schon das Alte Testament unter Volk Gottes versteht. Jesus will der Sehnsucht Gottes zum Durchbruch verhelfen. Er sammelt Menschen um sich, die den Traum Gttes verwirklichen, die sich an Gottes Familienordnung halten, an die Grundsätze von Freigebigkeit, Vergebung, Gewaltfreiheit. 

Wir Christen sollen uns auf kein dunkles Schicksal einlassen, nicht auf einen launischen oder listigen Gott, bei dem man nicht weiß, woran man ist. Sondern einfach auf die Grundsätze der Familie Gottes. 

Dadurch wird das Leben sicher nicht problemlos. Aber es wird reicher und erfüllter!

Amen. 

 
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