Vierter Sonntag der Osterzeit, 26. April 2015

Liebe Pfarrgemeinde!

So bekannt und vertraut das Bild vom Hirten und der Herde ist, so fremd ist es uns doch in unserer heutigen Lebenswirklichkeit geworden. Wer hat denn noch einen Hirten samt Herde gesehen? Vielleicht irgendwo in der ungarischen Tiefebene, vielleicht in den Universum-Sendungen des Fernsehens, vielleicht in der Erinnerung an Kindertage irgendwo in den Alpen. 

Kann man das Bild in unsere heutige Lebenswirklichkeit übersetzen? Ist es vielleicht der Sozialarbeiter, der den Strafgefangenen nicht im Stich lässt, sich um ihn kümmert, bis er wieder Fuß gefasst hat? Ist es die gute Kindergärtnerin, die jedes der Kinder ganz genau kennt, die das Vertrauen der Kinder nicht mißbraucht, sondern auf jedes einzelne achtet? Ist es der Lehrer, dessen Geduldsfaden elastisch und reißfest ist, um auch jenen Schüler über die Jahre zu begleiten, der alles dazu beiträgt, den Unterricht zu zerstören?

Irgendwie spüren wir schon, dass solche Aktualisierungen nicht wirklich griffig ist. Es klingt platt, es liegt keine wirkliche Bildkraft darin. Ist unsere Welt so arm an dichter Wirklichkeit, die über sie selbst hinausweisen könnte?

Müssen wir uns damit zufrieden geben, dass die alten Bilder schön sind, vertraut, poetisch - auch wenn sie mit unserem Leben von heute nichts mehr zu tun haben? Haben diese Bilder dann nicht auch die Kraft verloren, uns herauszufordern?

Gehen wir einen anderen Weg! Suchen wir einen tieferen Zugang, indem wir nach den Wurzeln fragen, nach der Tradition dieser Rede unseres Herrn vom Guten Hirten und seiner Herde. 

Wir sehen im ersten Schritt, dass die Erzählungen des Alten Testamentes zum größten Teil von Nomaden und Halbnomaden handeln, dass sie Sorge für Tiere, die Sorge um gute Weideplätze und Wasser den Alltag der Menschen zutiefst geprägt hat. Und wir dürfen uns die Frage stellen, wie diese Lebenswirklichkeit mit Gott in Verbindung gebracht worden ist. 

Unsere Suche wird reich belohnt. Ob es der Psalm 23 ist oder viele andere Texte aus Exodus, Jesaja, Jeremia, Micha, Jesus Sirach. Gott ist Hirte seines Volkes, Gott ist Hüter des einzelnen Menschen. Nicht nur die geordnete, brave Herde wird angesprochen, viele Male muss sie erst gesammelt, aus der Zerstreuung zusammengeführt werden. 

Jesus richtet seine Rede an Menschen, die in der Tradition dieser Texte standen. Auch Pharisäer unter seinen Zuhörern mußten sehr gut die Kritik verstehen und auch den Anspruch, den Jesus erhob, wenn er sagt: „Ich bin der gute Hirte - ich habe noch andere Schafe - dann wird es nur eine Herde geben und einen Hirten.“

Der Gefahr, in die sich Jesus begibt mit seinem Anspruch, setzt er seine ganze Souveränität entgegen: „Ich habe Macht, mein Leben hinzugeben, und ich habe Macht, es wieder zu nehmen.“

Wenn wir so an dieses alte Bild vom Hirten und den Schafen herangehen, verstehen wir, was Johannes meint, wenn er von der „großen Liebe, die der Vater uns geschenkt hat“ spricht. Wir heißen „Kinder Gottes und sind es“ - keine blökende Hammelherde, die nicht nachdenkt, wohin sie vom Mainstream der Kulturlosigkeit der Postmoderne getrieben wird, sondern Menschen, die die Stimme ihres Herrn heraushören aus dem Wirrwarr der Zeit, die vertrauen lernen, weil sie auf den schauen, der Eckstein, Schlußstein, Vollendung des Weges Gottes mit uns Menschen ist. 

Amen.

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