„Rabbúni, ich möchte sehen können“, sagte der blinde BarBartimäus zu Jesus. Er hatte einen tiefen Glauben, dass Jesus der Sohn Davids ist, der verheißene Messias. Dieser Ehrentitel konnte nur den verheißenen Friedenskönig bezeichnen. Paulus und Petrus gehen in ihren Predigten darauf ein, dass der Sohn Davids wirklich Jesus Christus ist.

Der einfache Mann Timäus, der auf der Straße außerhalb von Jericho bettelte, erhoffte sich von Jesus dieses unglaublich Wunder, von der Blindheit geheilt zu werden. Er sah mit dem Herzen, obwohl er mit den Augen blind war. Dieses innere Sehen ist eine Eigenschaft Gottes.

Dazu gibt es ein Beispiel im Alten Testament: Der Prophet Samuel sollte einen neuen König für Israel salben. Er kam zu Isai nach Betlehem, der acht Söhne hatte. Sieben Söhne wurden ihm vorgestellt, für ihn überzeugende Persönlichkeiten. Aber er spürte, dass Gott keinen von ihnen erwählt hatte. Der achte Sohn, der jüngste, war David, er hütete gerade die Schafe seines Vaters.  Er war der erwählte König für das Volks Israel. „Der Mensch sieht, was vor den Augen ist, der Herr aber sieht das Herz.“ (1 Sam 16,7)

Der blinde Bartimäus erkannte, was die Sehenden nicht erkannten: dass Jesus der Sohn Davids, der Messias ist.

„Ich möchte sehen können“. Liegt dieser Wunsch auch uns auf den Lippen, wenn wir die Kirche betreten? Schon das Gebäude Kirche hilft uns, die innere Dimension des Lebens zu entdecken. Über die Schönheit des Raumes kommen wir zum inneren Sehen. Die Texte, die wir aus den Heiligen Schriften hören, berühren uns in ihrer Fremdheit und gleichzeitig in ihrer Vertrautheit. Sie verbinden uns mit einer geistlichen Wirklichkeit, die das äußere Auge nicht wahrnehmen kann. Bartimäus hörte Jesus und er sah Ihn mit dem inneren Auge. Wir hören die Worte Jesu und wir können Ihn sehen, der unsichtbar unter uns ist.

Religion rührt diese innere Dimension des Menschen an, das innere Sehen, Hören, Begreifen. Was kann uns helfen, Gott wahrzunehmen? Was kann uns innerlich stärken, unsere Mitmenschen anzunehmen, die wie wir Geschöpfe Gottes sind?

Wir feiern den österreichischen Nationalfeiertag. Was hat dieser Tag mit der Kirche zu tun? Ist das nicht nur ein weltlicher Feiertag? Warum hängt die österreichische Flagge neben der Kirchenfahne vor dem Pfarrhof?

Jede Gesellschaft, jeder Staat, jedes Miteinander von Menschen bedeutet nicht nur ein materielles Gebilde. Menschen haben nicht nur körperliche Bedürfnisse. Sie brauchen nicht nur gute Straßen, Strom in den Häusern, Gesundheitspflege, militärische Sicherheit. Wir Menschen haben ebenso eine geistliche Dimension an uns. Wir suchen den Sinn des Lebens, die Gemeinschaft untereinander, das Schöne, das Gute, das Ewige. Wir sind in unserem Wesen Gottsucher. Diese Wirklichkeit achtet der Staat Österreich, indem er die Religionen fördert. Gerade in unseren Orten sehen wir eine gute Zusammenarbeit der Vereine, der Gemeinde und der Pfarre. Wir stimmen Festtermine miteinander ab. Wir besuchen die Veranstaltungen der anderen Gruppen. Viele arbeiten in allen Bereichen mit, bringen auch in die Politik ihre christliche Weltanschauung ein.

„Ich möchte sehen können“, das ist eine innere Einstellung, die Gott und den Nächsten wahrnehmen will, wie sie sind. Jesus sagte zu Timäus: „Dein Glaube hat dich gerettet.“ Dieser Glaube eint uns, die wir gemeinsam auf dem Weg zum ewigen Leben bei Gott sind. Und er hilft uns, diese Welt zu gestalten. Gott zeigt uns, wie wir das Gute, das Er in uns grundgelegt hat, mit den Kräften unseres Geistes, unseres Körpers und unserer Seele hier in dieser Welt schon umsetzen können, dass es auch Frucht für das ewige Leben bringt. Amen.

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