26. Sonntag im Jahreskreis B

 

Im heutigen Evangelium werden uns eine ganze Reihe von Gewissensfragen gestellt. Fragen, die wir uns selbst oft im Lebensalltag stellen und deren Beantwortung immer wieder neu und problematisch zugleich ist.

Es geht in diesen Fragen um unser Christsein, es geht darum, wie wir dieses Christsein verwirklichen.

Da ist zuerst das Faktum, das heute wie zu Jesu Zeiten anzutreffen war: Menschen tun Gutes, ja vermitteln sogar Heil, ohne dass sie sich ausdrücklich zu Christus bekennen. Und es ist bedeutsam, dass Jesus dies ihnen nicht verwehren will. Er stellt sich hier klar gegen Fanatismus und gegen die Versuchung, eine Ausschließlichkeit im kleinen überschaubaren Bereich der Jüngerschar festzustellen. Aus der ersten Lesung haben wir Ähnliches von Mose gehört. Sein flehentlicher Ruf: „Wenn nur das ganze Volk des Herrn zu Propheten würde,
wenn nur der Herr seinen Geist auf sie alle legte!“ ist heute so aktuell wie vor tausenden Jahren!

Jesus spricht in Worten, die wir uns auch in unserer heutigen kirchlichen Situation zu eigen machen müssen: Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.

Es geht hier also um eine menschliche Solidarität, die über jene hinausreicht, die sich Christen nennen. Natürlich liegt es an uns, immer treu zu bekennen, dass der Geist Gottes das Wollen und Vollbringen schenkt, aber zugleich müssen wir auch immer wieder bekennen, dass wir die Grenzen nicht kennen, innerhalb derer der Heilige Geist wirkt.

Dies soll uns auch ein Trost sein, wenn aus unserer Familie Menschen sterben, deren Lebensweg zwar edel und ethisch gut war, die aber nicht Christen waren oder sich von Christus und seiner Kirche (oft aus sehr irdisch-materiellen Gründen) entfernt haben. Der Gnadenschatz der Kirche gibt auch denen die Kraft, Gutes zu tun, die sich nicht voll zu ihr bekennen. Und Christi Urteil beim Letzten Gericht ist nicht in unserer Entscheidungsmacht gelegen. Gott sei Dank!

 Ein anderes bedeutsames Wort spricht Jesus für jene Situationen, wo wir selbst in uns Ärgernisse und Versuchungen aufsteigen spüren. Jesus spricht in diesem Zusammenhang sehr deutlich von der Hölle, die wir uns selbst bereiten, der wir aber auch ausweichen können. Jesu Worte sind hier sehr deutlich. Da gib es kein Drumherumreden und kein "pastorales Abschwächen" Jesus psychologisiert nicht sondern sagt uns klar und deutlich: Wer mit der Sünde spielt, mehr noch, wer auch andere dazu verführt, bereitet sich die Hölle! Hier schon auf Erden, aber ebenso für die Ewigkeit, weil Gott die Sünde, das Nein zu ihm, ernst nimmt.

Jesus spricht hier eine leidvolle Erfahrung an, die uns in unserem Leben immer wieder begegnet. Eine Erfahrung, die wir leider allzu oft verdrängen, anstatt sie wahrzunehmen und an uns mit Gottes Hilfe zu arbeiten.

Wir erkennen doch immer wieder diesen Widerspruch in uns selbst. Das Wissen um das Gute um den Willen Gottes auf der einen Seite, und unsere menschliche Begrenztheit, unsere Begierden, unsere Hinneigung zum Bösen andererseits. Die Augen des Herzens streben nach dem Licht, doch die Augen des Leibes suchen die Finsternis.

Paulus hat das in einer denkwürdigen Formulierung im Römerbrief angesprochen: "Dem inneren Menschen habe ich Freude am Gesetz Gottes. Aber ich nehme in mir auch ein anderes Gesetz wahr, das im Widerstreit mit dem Gesetz meines Geistes steht."

Es sind zweierlei Dinge, ich selbst, mein innerer Mensch, und was mir zu meinem Leben zur Verfügung steht.

Jesus nennt beispielhaft den Fuß, die Hand, das Auge. Glieder und Fähigkeiten, die Gabe Gottes sind, die uns und unserem Lebensziel dienen sollen. Sie sind von Natur aus nicht böse. Doch es gibt auch jene Wirklichkeit, die wir Erbsünde nennen, die Folgen der Ursünde. Diese Wirklichkeit bringt das Gute in uns in die Gefahr des Sündigens.

Betrachten wir genau, was Jesus sagt. Nichts in uns wird von vornherein verurteilt! Weder unsere Leiblichkeit, noch der Geist, noch unser Herz! Jesus macht uns vielmehr darauf aufmerksam, dass all dies aber auch gegen uns auftreten kann, weil es in unserer freien Verfügung steht. Es kann sich selbständig machen und uns dazu bringen, dass wir unser Lebensziel aus den Augen verlieren, oder gar verfehlen!

Und deshalb sollten wir uns immer neu daran erinnern, dass wir von unserem Vater im Himmel eine Kraft mitbekommen haben, diesen Widerstreit in uns zu überwinden. Es ist die Kraft unserer Taufgnade, jene Gnade, durch die das Sündige in uns prinzipiell besiegt ist, freilich, sofern wir uns dieser Gnade besinnen und sie bewusst wirken lassen.

Immer wieder müssen wir uns die Frage stellen: Wer ist eigentlich Herr über uns? Unsere Triebe? Unsere noch so guten Fähigkeiten? Oder nicht doch wir selbst, als von Gott Geliebte, als unter Gottes Gnade stehende?

Folgen wir der liebevollen Mahnung Jesu im Evangelium. Bitten wir seine heilige Mutter, die es verstanden hat, in der Ordnung der Gnade zu leben, um ihre Hilfe. Lassen wir uns mit dem Bewusstsein beschenken, was unser Wert vor GOTT ist. Und nehmen wir es an, das uns von Gott angebotene Lebensgeschenk. 

Amen.

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