6. Januar 2024 - Erscheinung des Herrn

 

Schon vor vielen Jahren, als ich noch Pfarrer im südlichen Niederösterreich war, bastelte ich mir eine Weihnachtskrippe. Kein bäuerliches Motiv, wie dies in unseren Breiten oftmals üblich ist. Ich nahm ein wenig Maß an der Weihnachtskrippe der Mönchhofer Pfarrkirche. Einige Häuser aus dem Vorderen Orient, mit Kuppeln auf den Dächern auf der einen Seite. Und – weil die Wissenschaft dies als eine Möglichkeit vorgibt – eine Höhle, in die der Stall eingebaut war. 

Die Figuren hatte ich günstig in Rom erstanden, zwar schön gestaltet, aber – wie manche wohl abfällig sagen würden – aus Plastik. Und einen Betlehemstern habe ich mir per Versand bestellt, aus goldfarbenem Metall, mit einem kleinen Batterielämpchen in seinem Inneren. 

Doch dieser Betlehemstern hat heuer ein Problem. Er hat einen Wackelkontakt. Kaum ist er am nächtlichen Himmel erleuchtet, fällt der Strom schon wieder aus und es wird dunkel. Meine kindliche Phantasie lässt auf den Gesichtern der Plastikfiguren der Heiligen drei Könige Ratlosigkeit erblicken, wenn ihnen plötzlich der Wegweiser verloren geht. 

Dieser technische Defekt des Betlehemsterns, der mich zuerst verärgert hat –  weil ja zu Weihnachten alles schön und perfekt sein soll – hat mir zugleich auch den Impuls für die Gedanken dieser Predigt gegeben. 

Der österreichische Liedermacher Reinhard Fendrich hat einmal ein Weihnachtslied gedichtet, in dem im Refrain die Klage ertönt: »Leider kann ich den Heimweg nicht mehr finden in meinen Stall!« – Und ich bin überzeugt, dass dies das Schicksal vieler Menschen heute ist. Vielleicht sogar unser Schicksal, obwohl wir hier in der Kirche beisammen sind, um das Fest Epiphanie, »Dreikönig«, zu begehen. 

Aus dem Buch Jesaja haben wir soeben gehört: 

»Denn siehe, Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker, doch über dir geht strahlend der Herr auf, seine Herrlichkeit erscheint über dir.« 

Und vorangegangen ist noch der Aufruf: 

»Steh auf, werde licht, Jerusalem, denn es kommt dein Licht und die Herrlichkeit des Herrn geht strahlend auf über dir.«

Können wir diesem Aufruf folgen? Oder hat uns die Finsternis unserer Erde überwältigt, sodass wir den Blick nicht mehr erheben können zum Stern von Betlehem? Sind die Alltagssorgen so stark und drängend geworden, dass unsere Augen das Licht des Herrn, seine Herrlichkeit nicht mehr erblicken können? 

Jesaja sieht voraus, was uns von den Magiern aus dem Osten im Evangelium berichtet ist. Und mit der Prophetie aus dem Buch Micha, die das Evangelium zitiert, werden die Suchenden nach Betlehem geführt. 

Nicht in die Königspaläste dieser Welt, nicht in Reichtum, Prunk und Überfluss, sondern in den armen Stall, zu einem Kind, das auf Stroh gebettet ist, weil in der Herberge kein Platz für die Familie mehr war. Ein Kind, verehrt und angebetet nicht von den Reichen und Mächtigen und Prominenten, sondern von den armen Hirten, deren Zeugnis vor Gericht keine Geltung hatte, und die als unehrlich und diebisch verschrieen waren. Die Weisen fallen vor dem Kind nieder. Sie wissen, dass sie ihr Ziel erreicht haben, sie legen ihre Gaben vor ihm hin, Gold für den König, Weihrauch für den Gott, Myrrhe für sein Begräbnis. Die Weisen haben erkannt, dass ihnen in diesem armseligen kleinen Menschenkind der Retter der Welt, der König des Himmels und der Erde, der Gottessohn und Menschensohn entgegen kommt. 

Vielleicht hat unser Betlehemstern deshalb einen Wackelkontakt, vielleicht sehen wir ihn bisweilen nicht, weil wir uns immer noch falsche Vorstellungen von diesem Herrn Jesus Christus machen. 

Weil wir meinen, dass wir unsere Hände in den Schoß legen könnten, und Gott alles für uns erledigt. Weil wir meinen, dass – sobald wir gläubig geworden sind – Das Leben zur Siegerstraße wird, uns von Gott alle Hindernisse aus dem Weg geräumt werden. Und dann stoßen wir uns blutig an den Ecken und Kanten unseres Lebens, an den Felsen, die uns den Weg versperren. 

Für meine kleine Weihnachtskrippe werde ich mich bemühen, den Wackelkontakt zu beheben, dass der Stern von Betlehem im kommenden Jahr wieder ohne Unterbrechung leuchtet und den kleinen Plastik-Königen den Weg weist. 

Für die »Wackelkontakte unseres Lebens«, wo uns die Finsternis zu überwältigen droht und wir nicht mehr die Kraft haben, die Augen zum Licht zu erheben, möge das kleine Kind von Betlehem, der starke Gott und Friedensfürst, uns täglich zur Seite stehen. 

 

Amen. 

 

 

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