2. Fastensonntag B - 28. Februar 2021

 

Liebe Brüder und Schwestern, versammelte Gemeinde!

Vieles ist uns in diesem vergangenen Jahr nicht möglich gewesen, größere Auslandsurlaube, Flugreisen, ferne Länder sind in unerreichbare Nähe gerückt worden. Mitunter war es aber eine Chance, sich auf die Schönheit der Landschaft in Österreich zu besinnen, einmal wieder eine Wanderung zu machen, ob in den weiten Ebenen des Burgenlandes oder auf den Bergen in den Alpen. 

Wer auf einen Berg steigt, der kann die Welt mit anderen Augen sehen. Jenseits all des Lärms der Großstadt, in der frischen Luft bekommt unsere Erde ein anderes Gesicht. Mit den Straßen und Häusern im Tal scheinen auch unsere Probleme kleiner zu werden. Von oben herab sieht alles so wohlgeordnet und friedlich aus; der Blick geht ins Weite. Man möchte tief durchatmen, den Augenblick ganz aufnehmen und ins Unendliche ausdehnen. Nicht umsonst haben so viele Dichter ihre Verse über diese Bergerlebnisse geschrieben.

Auch das heutige Evangelium ist ein solches Bergerlebnis zum Durchatmen - für Jesus und seine Jünger. Bisher ging bei Jesus alles bergauf. Jetzt ist er an seinem Höhepunkt angelangt - jetzt berühren sich für kurze Zeit Himmel und Erde - Jesu wahre Größe wird den Jüngern offenbar.

Eine Weisheit können wir aus dem Wandern in den Bergen mitnehmen: Nach jedem Aufstieg muß aber auch ein Abstieg kommen. Nach der Verklärung beginnt für Jesus der Weg nach Jerusalem - in die harte Realität des Kreuzes. Mose und Elija bezeugen Jesus als den Messias Gottes, der leiden wird. Denn nach der Verklärung auf dem Berg kommt der Abstieg. Jesu Schicksal steht auf der Kippe. Der nächste Berg heißt Golgotha! Es ist der Berg, auf dem Jesus gekreuzigt wird!

Von der Verklärung des Herrn haben wir heute im Evangelium gehört. Mit dem strahlenden Licht, das Jesus umgibt, läßt er uns schon ein wenig auf Ostern hinblicken - vielleicht als Ermutigung zur Kreuzesnachfolge.  Papst Franziskus hat seine ganze Botschaft zur Fastenzeit unter das hoffnungsvolle Licht von Ostern gestellt. Dieses Licht darf uns auch in der jetzigen Situation Trost und Hoffnung spenden. 

Doch der schöne Augenblick währt für die Jünger nicht lange. Plötzlich steht Jesus allein da. Er, das Wort Gottes, ist weit mehr als alle Gespräche mit den Propheten. Sein Anblick ist wichtiger als alle Visionen dieser Welt.

Wie steht es mit uns?  Haben wir schon einmal solche Glaubensberge erklommen? Wir Christen brauchen ab und zu neue Perspektiven - Durchblicke und Einblicke in unsere Seelenlandschaft. Wir müssen auch immer wieder aufsteigen können, Höhenflüge unternehmen, die Begegnung mit Jesus in der Höhe suchen. Wir brauchen solche „geistige Bergtouren“, Sternstunden, die dem Alltag ein neues Licht geben.
Vielleicht ist diese Fastenzeit ja so ein Berg, der uns zu geistlicheren, zu wesentlicheren Menschen machen kann. Jeder Christ braucht das Gebet, die Spiritualität, den Rückzug aus dem Alltäglichen hin zum Atemschöpfen. Exerzitien oder Besinnungstage können hier sehr hilfreich sein. So etwas beflügelt uns neu, damit wir nicht im Strom der Alltäglichkeit ins Flattern geraten.

Papst Franziskus nennt das Fasten, das Gebet und das Almosen als die drei grundlegenden Werkzeuge in der Fastenzeit, die in uns Glaube, Hoffnung und Liebe wieder zum Erstarken bringen. Diese Fastenzeit, diese geistliche Bergtour soll in uns die Tugenden wieder stärken, zugleich uns auch an so manche Schwächen erinnern, um wirklich daran zu arbeiten, neue Menschen zu werden. 

Niemand kann und darf immer nur aufsteigen. Wer über den Wolken schwebt, verliert alle Bodenhaftung. Das Leben spielt sich nun einmal nicht auf den Berggipfeln ab, sondern auf dem Boden der Tatsachen. 

Christlicher Glaube geht mit Jesus nach Jerusalem, in die harte Realität wie sie ist. Deshalb gehört zum Gebet die Arbeit, zur Mystik der Kontakt mit unseren Mitmenschen, zum Geistlichen der feste Standpunkt in dieser Welt. Jesus schenkt uns Einblicke in seine Sternstunden. Es heißt danach aber für ihn - und genau so für uns, das Geschenkte in unserem Leben auszunützen, uns zwar mit dem Himmlischen zu verbinden, aber nicht die Erdung zu verlieren. 

Christlicher Glaube steht ganz unten, auf dem Boden der Tatsachen. Einen anderen Menschen lerne ich auch nicht wirklich allein in den Höhepunkten seines Lebens kennen, sondern nur, wenn ich ihm in den Alltag folge. Auch mein Glaube braucht einerseits diese geistlichen Sternstunden, andererseits muß er sich aber im Leben, wie es ist, bewähren. Änderung und Bekehrung geschieht nicht abgehoben in den Wolken, sondern konkret, hier und jetzt.

Diese Erfahrung müssen wir uns als einzelne Christen, aber auch als Kirche immer neu ins Stammbuch schreiben. Wir dürfen nicht auf eine abgehobene Religion irgendwo außerhalb der Welt setzen, wir dürfen nicht das Schöne und Wunderbare einfach konservieren oder festhalten wollen. Wir sollen nicht dort, wo es schön war, 3 Hütten bauen, um uns aus der Verantwortung zu drücken, diesen Glaubenseindruck im Leben prüfen zu lassen. Als Gemeinde Jesu Christi müssen wir uns immer wieder dem Neuen stellen, müssen wir den Abstieg zu den Menschen wagen, dürfen wir keine geistigen Berghütten buaen, den Glauben nicht fest einmauern. Wir müssen unsere Zelte dort aufstellen, wo gerade Golgotha ist bei unseren Nächsten - vielleicht auch bei uns selber. 

Gebet, Mystik, Spiritualität sind wichtig, weil sie uns vor oberflächlichem Aktionismus bewahren. Unsere Seele braucht den Aufstieg in die Weite, frische Luft. Ohne Besinnung wird alles sinnlos, ohne Aufstieg geht die Seele unter. Aber dann heißt es herunterkommen, den Abstieg wagen, den Glauben ins Leben holen. 

Denn unser Glaube ist kein geistiger Höhenflug. Er ist der Weg mit Jesus nach Jerusalem, nach unten - ganz nach unten - in den Tod hinein - und so zum Licht.

Bitten wir den Herrn, diesen Weg nach Jerusalem mit Jesus gehen zu können, um mit ihm in die Auferstehung zu gehen!

Amen. 

heiligenlexikon_button.png

button_evangelium_neu.jpg

  • Default
  • Titel
  • Datum
  • Random
MEHR ANZEIGEN Alle anzeigen

Joomla!-Debug-Konsole

Sitzung

Profil zum Laufzeitverhalten

Speichernutzung

Datenbankabfragen