LESEJAHR B

Schwestern und Brüder im Glauben!

Jesus gibt den Jüngern eine Aufgabe, eine Vollmacht, nämlich Türhüter zu sein. Im Gleichnis befiehlt der Mann, der auf Reisen ging, dem Türhüter, wachsam zu sein. Ein Türhüter blickt aus, er wartet, bis der Herr kommt, um ihn freudig zu begrüßen. Er betrinkt sich nicht, er lässt sich nicht ablenken, er ist wachsam. Und das ist auch unsere Aufgabe als Christen in einer Welt, welche die Augen vor Gott oft verschlossen hat, dass wir nicht selbst die Augen zumachen und in diesen geistigen Winterschlaf verfallen, sondern dass wir den Frühling immer vor Augen haben, das Ostern, wenn Christus kommt.

Der Advent hat eine dreifache Bedeutung. Adventus heißt Ankunft. Christus ist in Betlehem angekommen. Er ist Mensch geworden. Gottes Sohn wurde Mensch, um uns nahe zu sein, um uns seine Nähe zu zeigen, um uns den Weg zum Heil zu weisen, um uns selbst auf dem Weg voranzugehen. Das ist die erste Ankunft. Die zweite Ankunft Christi ist sehr persönlich, im Leben eines jeden einzelnen Menschen. Jeder kennt diese Momente, in denen sein Glaube entzündet worden ist oder immer wieder entflammt wurde, die Momente der großen Freude, der großen Innerlichkeit, der großen Gottverbundenheit. Das können Momente der Freude sein, aber auch Momente des Leides, wo wir merken, dass Gott ganz bei uns ist, dass Er uns trägt - in den schweren Stunden so wie in den guten Stunden. Das ist die zweite Ankunft im Leben eines jeden Einzelnen, ganz persönlich. Und die dritte Ankunft ist am Jüngsten Tag. Der Jüngste Tag ist ein besonderer Ausdruck aus dem Neuen Testament und verweist schon auf das Alte Testament. Das ist die Hoffnung, dass Christus, der Messias, einst wiederkommt, erscheint, und die ganze Welt zur Vollendung führt. Das ist der Tag der Auferstehung, wenn unsere Leiber sich mit unseren Seelen vereinigen werden in der verklärten Form; dieser Tag des Heils, der Tag der Sonne der Gerechtigkeit, die aufgeht und nie mehr untergeht, die niemand mehr verdecken kann; die Stimme Gottes, die nicht mehr verstummen wird, die niemand mehr überbrüllen kann. Dieser Tag des Heiles, das ist der dritte, der endgültige Advent, die endgültige Ankunft Gottes, die wir in jeder Heiligen Messe bedenken: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, Deine Auferstehung preisen wir, bis Du kommst in Herrlichkeit“.

Wir sind die Türhüter, die in dieser freudigen Erwartung auf die Ankunft Christi am Hauseingang unserer Gesellschaft stehen, unseres Dorfes, unserer Familie, unseres eigenen Lebens und nach Christus Ausschau halten, dem Messias.

Der Adventkranz gibt uns auch einen geistlichen Impuls, was es bedeutet, Christus zu erwarten. Christus ist der Ewige, Alpha und Omega - wie auf der Osterkerze steht, der war, als die Erde noch nicht war, und der sein wird, wenn das Universum nicht mehr sein wird. Die Materie ist nicht ewig, Gott ist ewig. Und das drückt dieser runde Adventkranz aus, der kein Ende hat und keinen Anfang. Aus dieser Ewigkeit Gottes erwächst uns auch Hoffnung. Wir sind nicht Optimisten, nach dem Motto, wir werden das schon schaffen, sondern wir sind hoffnungsvolle Menschen, weil wir wissen, dass Gott uns vorangeht in jeder Situation des Lebens. Und diese christliche Hoffnung ist symbolisiert durch die grünen Zweige, die sogar im Winter grün sind. Und schließlich die Kerzen: Unsere Hoffnung richtet sich darauf, dass wir Gott erkennen werden. Das Licht der Erkenntnis ist Christus selbst.

Der erste Johannesbrief ist eine Zusammenfassung des ganzen Evangeliums, dort, wo es heißt, Gott ist die Liebe und wer liebt, der erkennt Gott. Und wer nicht liebt, der hat Gott nicht erkannt: durch die Liebe, die wir in unserem Leben wirken lassen, in unserem Inneren, die Liebe, die uns Gott schenkt, die wir nicht ersticken, sondern die wir zur Entfaltung bringen. Durch die Liebe erkennen wir Gottes Gegenwart. ER ist der Ewige, der uns Hoffnung schenkt und der uns das Licht der Erkenntnis gibt, uns, den Türhütern, die beim Eingang stehen, um Gottes Ankunft zu erwarten. Amen.