5. Sonntag der Osterzeit A – 7. Mai 2023

 

Was heißt eigentlich „Kirche“? 

 Angesichts des heutigen Evangeliums und der beiden vorangegangenen Lesungen dürfen wir uns erneut diese Frage stellen. 

Natürlich, wir wissen um die Herkunft des Wortes „kyriake“ – zum Herrn gehörig. Und wir wissen, dass das latenische Wort „ecclesia“ mit „Herausgerufen sein“ zusammenhängt. Aber was heißt dies, was bedeutet dies, ganz konkret für unser Leben?

Aus vielen Stimmen sollen wir die Stimme unseres Herrn, des guten Hirten, heraushören – so haben wir am vergangenen Sonntag gehört. Und jetzt geht Christus in seiner Lehre noch einen entscheidenden Schritt weiter. 

„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“, sagt er zu seinen Jüngern. 

Und er sagt es uns, als Antwort auf unsere Fragen. „Wo soll mein Lebensweg hinführen? Welche Sinngebung habe ich? Welche Entscheidungen soll ich treffen?" – „Ich bin der Weg“. 

Wo finde ich Klarheit, wo die richtigen Antworten auf meine Lebensfragen, wo finde ich Entscheidungshilfen für ich? – „Ich bin die Wahrheit“, sagt Jesus. 

Wie gehe ich um mit meiner Lebensgestaltung? Was halte ich für wichtig in meinem Leben? – „Ich bin das Leben“, sagt Jesus. 

Dieses Wort Jesu soll aber nicht einfach abstrakt vor uns stehen, nicht als philosophischer Satz, nicht als schönes „Leitwort“, dem dann niemand folgt. Dieses Wort Jesu soll sozusagen umgewechselt werden in das „Kleingeld“ unseres alltäglichen Lebens. Und dies ist Auftrag an die Christen in allen Generationen, seit 2000 Jahren. Durch das Wort Jesu konstituiert sich Kirche in ihren Gliedern, in ihren Ämtern in ihrer Struktur. Da gab es die Apostel – ihre Nachfolger sind die Bischöfe und deren Mitarbeiter, die Priester. Da sahen die Christen dieser jungen Kirche der ersten und zweiten Generation, dass der Dienst an den Tischen nicht von den Aposteln allein geleistet werden konnte. Der Stand der Diakone wurde eingeführt. Da spricht Petrus von den Adressaten seines Briefes als „Lebendigen Steinen“, die das geistige Haus der Kirche aufbauen und er thematisiert damit – was das II. Vatikanische Konzil in anderen Worten aufgreift – das gemeinsame Priestertum aller Getauften. 

Und von allem Anfang an sehen wir, wie die Bereitschaft, dem Herrn zu folgen und so mancher Zweifel untrennbar und nahe beieinander liegen. Thomas weiß nicht, wovon Jesus redet, Philippus erkennt in Jesus nicht die Gegenwart des lebendigen Gottes. 

Und damit zeigt uns das Evangelium auch die Schwierigkeiten, mit denen auch wir heute zu kämpfen haben. In der Vielgestaltigkeit der Sinnangebote unserer Tage, in der Enge unseres Terminkalenders, in den immer höher werden Anforderungen der Arbeitswelt. 

Und trotzdem: Unseren Herrn zu gewinnen, heißt alles zu gewinnen – sicher niemals Verzicht. Zu Jesus zu gehören, bedeutet Leben – viel mehr als in allen anderen Lebensgestaltungsmodellen dieser Welt. 

Lassen wir uns von ihm die Augen öffnen, dass wir ihn als Weg, Wahrheit und Leben erkennen. 

Amen. 

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