3. Fastensonntag

Lesejahr A1

 

Wir haben Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus.

Mit dieser ungeheuren Zusage beginnt die heutige Lesung aus dem Römerbrief. „Wir haben Frieden mit Gott“. Gibt es etwas in unserer Welt oder in unserem Leben, wonach wir uns mehr sehnen, als nach Frieden? Tag für Tag sind wir konfrontiert mit Zeitungsnachrichten aus der Ukraine oder anderen Kriegsgebieten der Erde, mit Elend und Leid der Menschen in Syrien und der Türkei. Dinge, denen wir nahezu machtlos gegenüberstehen, weil sie sich mehr oder weniger weg von uns abspielen oder in ihren Ursachen – so glauben wir – nur mit politischen Mitteln zu lösen sind. Die älteren Menschen unter uns tragen noch die Erinnerungen an Krieg und Unheil in unserem Land in sich. Die Gedenkveranstaltungen zum Zweiten Weltkrieg oder zu den Konzentrationslagern lassen so manche schreckliche Bilder im Gedächtnis der Kriegsgenerationen wiedererstehen. 

Auch kennen wir ihn alle, den kleinen Krieg in den Familien und Beziehungen, in der Schule, am Arbeitsplatz, vielleicht auch zwischen Mitbrüdern im Seminar. All die kleine und große Ungerechtigkeit, die wir immer wieder erleiden und die wir oftmals auch anderen zufügen. „Mobbing“ heißt das Schlagwort für diese Nadelstiche an unserer Seele. 

Gibt es etwas, wonach wir uns mehr sehnen als nach Frieden?

Die Wirklichkeit des Paulus wird kaum eine andere gewesen sein. Auch er hat in friedloser Zeit gelebt, in der Menschen und Nationen miteinander in Streit lagen. Auch er wird unsere Sehnsucht nach Frieden geteilt haben. Doch lenkt er sein Augenmerk auf eine ganz bestimmte Hoffnung. Er spricht nicht einfach von Befriedung der Völker, vom Ende des Streites, er spricht nicht von Friedensabkommen und Waffenstillständen. Er spricht von einem Frieden, der tiefer geht und jeden einzelnen Menschen betrifft: Er spricht vom Frieden mit Gott!

Fragen wir unser Herz: Wie soll dieser Friede mit Gott beschaffen sein? Vielleicht ist er ein überwältigendes „Ja“, das wir in menschlicher Liebe und Zuneigung erleben. Vielleicht meint er: So wie du bist, bin ich froh, dass du bist. Sei nicht anders – nicht größer, nicht gescheiter, nicht jünger und nicht schöner. Sei auch nicht mutiger, nicht schlagfertiger, nicht talentierter. Sei nicht reicher, nicht stärker und nicht mächtiger. Sei der Mann, der du bist, sei die Frau, die du bist, sei genau dieses Kind und kein anderes. Vielleicht sieht dieser Friede aus wie das Ende aller Angst, wir könnten nicht entsprechen: dem Bild, das wir uns selbst von uns erträumen, dem Bild, wie wir vor den anderen dastehen wollen ...

Vielleicht sieht dieser Friede aus wie der Mut, auf die Welt und die Menschen zuzugehen, wie wir sind, weil wir wissen, Gott will uns so und nicht anders, weil wir wissen, es würde ihm etwas fehlen in der Welt, wenn wir nicht wären.

Vielleicht aber sieht dieser Friede aus wie das Ende unserer Schuld. Nicht, dass wir nicht mehr schuldig würden. Das ist angesichts der menschlichen Wirklichkeit eine Illusion. Aber vielleicht heißt dieser Friede, dass wir für Gott mehr bedeuten, als unsere Schuld je zunichtemachen kann. Vielleicht bedeutet dieser Friede, dass Gottes Liebe zu uns bestehen bleibt – gleich, was kommt. Das hat auch das Volk Israel erleben dürfen, das sich gegen Gott auflehne, gegen Mose murrte. Dennoch und über alle Ablehnung des Volks hinaus hat Gott heilend und wirkmächtig eingegriffen.

 

Wer aber hat diesen wunderbaren Frieden geschlossen?

Wer ist verantwortlich dafür, dass er hält? Wir? Paulus schreibt: „Durch unseren Herrn Jesus Christus haben wir Frieden mit Gott. Durch ihn haben wir Zugang zu dieser Gnade, in der wir stehen“. Nicht wir also, sondern Gott selbst ist der Urheber dieses Friedens, dieses Friedens, der größer ist als menschliches Können und Vermögen. Daher kommt auch die Zuversicht des Paulus, diese Worte so zu formulieren. Der Friede wird nicht erst kommen, er ist auch nicht nur möglicherweise da oder bloß für einzelne Erwählt, sondern er besteht, unabhängig von uns, weil Gott ihn selbst gewirkt hat. Er hat seinen Sohn in die Welt gegeben, um diesen Frieden ein für alle Mal zu schließen. Im Grund aber ist diese Geschichte mit menschlicher Vorstellung gar nicht zu fassen. Es gibt vielleicht jemanden, so denkt Paulus laut im Römerbrief darüber nach, der für einen guten Menschen sterben würde. Allein das wäre schon eine ungeheuerliche Tat! Nun ist Jesus aber für die gottlosen Menschen gestorben, für uns, die wir seinen Tod wahrlich nicht verdient haben. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, diesen Akt zu verstehen. Entweder er war die schiere Verrücktheit oder aber er ist Ausdruck einer unbedingten, absoluten Liebe. Da liebt uns unglückselige Menschen einer, der größer ist als unser Verstehen, der weitherziger ist als alle unsere Vorstellungen von Liebe!

Dann, so versichert uns Paulus, kann es nicht anders sein, als dass dieser Friede  Bestand hat. Denn Gott hat ihn nicht unter irgendwelchen Vorwänden geschlossen; er wusste, worauf er sich einlässt, auf sündhafte, kleingläubige Menschen. Aber er hat es trotz allem getan. Er hat seine Liebe ausgegossen in unsere Herzen. Dort hat sie nun ihren Platz, und dort verändert sie uns. Und mehr noch, wer Frieden im Herzen trägt, diesen kostbaren Frieden Gottes, dem wird er im Gesicht geschrieben stehen, den wird die Welt verspüren; und um diesen Frieden wird die Welt ihn beneiden. 

Und dieser Mensch wird nicht anderes können, als diesen Frieden auszusäen, kleine Saatkörner der Hoffnung und Zuversicht, der Anteilnahme und der Liebe. Wer sich von Gott bedingungslos angenommen weiß, der wird an den Menschen nicht herumnörgeln, er wird ihnen zugetan sein, so wie sie sind. Und an einem Flecken dieser Erde wird der Krieg, der große oder der kleine Krieg, keine Chance mehr haben. An einem Flecken dieser Erde wird sich die Welt verändern. 

Es wird sich die Welt verändern, wie sie sich für die Samariterin am Jakobsbrunnen verändert hat. Sie wusste vom Kommen des Messias, und nun stand er vor ihr. Sie bat ihn um das lebendige Wasser, das auch ihr Leben umwandeln, reinigen, mit Liebe und Frieden erfüllen konnte. Sie brauchte – wie wir alle – dieses Wasser des Lebens von Jesus Christus her, um ihren Frieden zu finden. Sie hatte den Mut, in dieser Begegnung mit dem Herrn um seinen Frieden, um das Wasser des Lebens zu bitten.

Fassen auch wir den Mut, in den Begegnungen mit dem Herrn, beim Hören seines Wortes, beim Empfangen seiner Sakramente, diesen Frieden für unsere Seelen zu erbitten! 

Amen. 

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