4. Sonntag im Jahreskreis A - 29.1.2023

Ich möchte einen Bogen über drei Spitzen aus den heutigen Lesungen ziehen. 

„Sucht Gerechtigkeit, sucht Demut, sucht Zuflucht beim Herrn“ – so lautete der Aufruf aus dem Buch Zefanja.

„Seht auf eure Berufung, Schwestern und Brüder“, ruft Paulus die Gemeinde Korinths und heute uns auf. 

Und Jesus gibt uns Verheißungen in den Seligpreisungen. 

Diese Aufrufe folgen einer klaren Logik. 

Wer den Herrn sucht, wer Zuflucht beim Herrn sucht, dem wird ein Weg eröffnet, der im Rahmen der göttlichen Gerechtigkeit liegt. Wer auf den Herrn schaut, dem wird der Wille Gottes verständlicher werden. Ich sage bewusst „verständlicher“, denn wir werden Gottes Wege mit unserem menschlichen Verstand niemals bis ins Letzte ergründen können. Wer auf den Herrn schaut, dem eröffnen sich aber die Wege, die Gott in seiner Liebe und Barmherzigkeit für ihn vorgezeichnet hat. Das kann der konkrete Weg der Berufung sein, ob Familienvater oder – Mutter, ob Priester oder Ordensstand, ob geweihtes Leben oder Einsatz in Katechetik und Mission. Das ist keine eigene Vernunftentscheidung, hier kann eine gewisse Klarheit erst kommen, wenn der Blick auf den Herrn nicht durch Egoismus und Eigenwillen getrübt ist. 

 

Wenn dieser erste Schritt getan ist, dann erklingt der Aufruf des Paulus „Seht auf eure Berufung“. Der Blick auf die Berufung wird bei Paulus im Korintherbrief untrennbar verbunden mit der tiefen Überzeugung, dass sich Gott nicht das Starke und Perfekte wählt, sondern das Schwache, Niedrige und Verachtete. 

Und er sagt uns das hoffnungsvolle Wort zu, dass wir in Christus sind. „In Christus“ – untrennbar mit ihm sollen wir verbunden sein. 

 

Im Blick auf die Seligpreisungen können wir näher ergründen, was dieses „In Christus sein“ eigentlich bedeutet. Und die Antwort wird wohl für jeden Menschen verschieden sein. Denn Jesus sagt uns nicht, dass wir erst dann gerettet sind, wenn wir den Seligpreisungen von eins bis acht vollständig entsprechen. Aber er preist jene selig, die sich ihrer Armut – man könnte heute auch das Wort Armseligkeit benutzen – vor Gott bewusst sind. Er preist jene selig, die trauern, die sich selbst und Gott eingestehen, dass sie sich an den Ecken und Kanten des Lebens blutig gerissen und verletzt haben. Erst dieses Eingeständnis, dieser Blick auf die seelischen Verwundungen lässt uns fähig werden, wahren Trost anzunehmen. Nicht eine billige, oberflächliche Vertröstung, wie sie unsere Gesellschaft manchmal anbietet, sondern wirklich das Bewusstsein, gerade in den Momenten tiefer seelischer Verwundung von Christus liebevoll berührt und umarmt zu werden. 

Selig gepriesen werden die Sanftmütigen. Nicht um jene, die manchmal auf den Tisch hauen – aber dadurch auch so manches im Leben weiterbringen – auszuschließen. Vielmehr um zu zeigen, wie Sanftmut den Menschen fähig macht, dem anderen zuzuhören, geduldig zu sein, nicht sofort alles mit dem eigenen Maßstab messen und in die eigenen Klischees pressen zu wollen. 

Die Liebe zur Gerechtigkeit, der Versuch barmherzig zu sein und zu handeln, die Herzensreinheit, die Lauterkeit, die Bereitschaft zum Frieden, auch wenn er Opfer verlangt, die Bereitschaft zum Eintreten für Christus und seinen Weg trotz aller Verleumdung und Verfolgung, all dies sind einzelne Aspekte des menschlichen Daseins, die von Mensch zu Mensch verschieden stark ausgeprägt sein können. 

Meine Hoffnung ist es, am Ende der Tage von Christus nicht nach ALLEN Eigenschaften abgeprüft zu werden. Sondern von ihm zu hören: „Wenigstens hast du dich um Barmherzigkeit bemüht, wenigstens hast du Gerechtigkeit gesucht“.
Für Sie alle und für mich  bete und hoffe ich, dass wir einst den erlösenden Satz hören dürfen: „Freut euch und jubelt: Denn euer Lohn wird groß sein im Himmel“. 

Amen. 

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