1. Fastensonntag – A -   1. März 2020

 

„Die süsseste Versuchung seit es Schokolade gibt“ – so wirbt ein Süssigkeitenkonzern, der noch dazu die Kühe auf der Weide bunt anmalt. In der Werbung, egal ob Parfum oder Schokolade, ob Packerlsuppe, Erdnüsse oder sonstiges, was man unbedingt zum Leben braucht, hat das Wort „Versuchung“ durchaus seinen fixen Stellenwert. Doch sonst, besonders im Leben der Kirche, ist es, gemeinsam mit den Worten „Sünde“ und „Sühne“ ein wenig in Vergessenheit geraten. Doch gerade im heutigen Evangelium sehen wir, daß „Versuchung“, genau so wie sie Jesus durchlebt und durchlitten hat, aber ihr widerstand, auch heute von großer Aktualität ist. 

„Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen, und ihm allein dienen!“ Dies ist wohl der Schlüsselsatz unseres heutigen Evangeliums. Jesus wird in der Wüste vom Teufel versucht. Er hält aber diesen Versuchungen stand. Was von Adam und Eva im Paradies verloren wurde, das gewinnt uns der Gottessohn zurück. Wo Eva und Adam durch die Einflüsterungen des Bösen schwach wurden, da beweist Jesus Kraft und göttliche Stärke.  Jesus Christus, wohl der machtloseste Mächtige, der menschlichste Göttliche. Er propagiert kein Streben nach Macht und Einfluß, ja nicht einmal nach menschlichen Bedürfnissen wie Ernährung. Jesus negiert das Böse nicht, weicht ihm nicht aus, sondern stellt sich ihm mit der vollen Überzeugung des göttlichen Wortes entgegen. Er nennt die Anweisungen aus den Schriften des Alten Bundes, er stellt sich hinein in die Tradition seines Volkes, mit dem Gott seinen Bund zuerst geschlossen hat.

 

Die Erzählung vom Sündenfall im Paradies zeigt uns deutlich, wie der Mensch sich die Frage nach der Herkunft des Bösen stellt. Gott will das Böse nicht, will die Sünde des Menschen nicht. Aber durch den freien Willen, den er dem Menschen gegeben hat, liegt eben auch die Möglichkeit zum „Nein“ gegen Gott in unserer Natur begründet. 

Das Buch Genesis zeigt uns deutlich, daß sowohl ein schwacher menschlicher Wille als auch das Verlangen nach Erkenntnis und Macht letztlich zum Bösen, zur Abwendung von Gott geführt haben. 

Ist es nicht so auch in unserem Leben. Führt nicht genau dieses Verlangen, mehr zu wissen als mir zusteht, mehr Einfluß zu haben, als ich derzeit habe, dazu, gerne mit dem Dunkel zu buhlen, anstatt rückhaltlos auf Gottes Wort zu hören und seiner Stimme zu folgen?

Ist es nicht auch bei uns so, daß wir – getrieben vom Wunsch nach mehr Einfluß und Macht, beseelt vom Gedanken, den anderen einen Vorsprung an Wissen und Erkenntnis voraus zu haben, auch so manche krumme Tour nicht auslassen, um diesem Verlangen nachzugehen?

„Ihr werdet sein wie Gott“, flüstert die Schlange der Eva zu. Und Eva vergißt bereits auf all das Gute, das Gott ihr im Paradies geschenkt hatte. Nichts ist ihr mehr wichtig, nur das eine, das Verbotene, wird immer interessanter.

Jesus Christus zeigt uns einen anderen Weg. Er geht kompromißlos den Weg des Vaters, er läßt sich – vorbildhaft für uns alle – von den Verlockungen des Satans, Reichtum, persönliches Wohlbefinden, Einfluß, nicht verführen, sondern bleibt treu dem Wort, das Gott im Alten Bund seinem Volk geschenkt hat.

Jesus löst damit die Fesseln der Sünde von den Menschen, die sie seit der Schuld Adams belegt hatten. Paulus sieht diese Sünde Adams nicht als Individualschuld, sondern als Sünde, die die ganze Welt betrifft.

Denn wir können uns immer wieder in dieser Person des Adam und der Eva wiederfinden, wir können, - wenn wir wirklich bereit sind, hinzuhören – erkennen, wie uns der böse Feind ins Ohr flüstert: „Gott liebt dich nicht, er wirft dir unhaltbare Schikanen auf deinen Lebensweg, er will nicht dein Heil, sondern deine Unterdrückung und Machtlosigkeit“

In Wirklichkeit aber ist es gerade umgekehrt.

Die scheinbare Freiheit, die die Schlange verspricht, ist die Unfreiheit in der Sklaverei der Sünde,

Die erhöhte Erkenntnis läßt die Menschen sich vom liebenden Gott abwenden und eigene Wege gehen.

Die Befriedigung des eignen Verlangens verhindert letztlich, daß Gott uns all das schenken kann, was uns wirklich nottut.

Mit den Texten des heutigen Sonntags ist uns bereits eine Heilsökonomie angedeutet, die sich wie ein roter Faden durch die österliche Bußzeit zieht:“Ist durch die Übertretung des einen der Tod zur Herrschaft gekommen, durch diesen einen, so werden erst recht alle, denen die Gnade und die Gabe der Gerechtigkeit reichlich zuteil wurde, leben und herrschen durch den einen, Jesus Christus.“

Lassen wir uns in dieser Fastenzeit vom Herrn in die Wüste führen: In die Wüste der eigenen Seele, wo die Sandstürme der Verwirrung uns oftmals nicht aufblicken lassen zu Gott, unserem lieben Vater. Durch die Durststrecken des Eigensinns und Egoismus, die uns vergessen lassen, daß der Nächste uns als Ebenbild Gottes vor Augen tritt. Durch die sengende Hitze von Eifersucht und Leidenschaft, geschürt durch falsche Gottesbilder, durch eigenes Wollen und Blindheit vor der Wahrheit, wo Gott uns seine kühlende und heilende Gegenwart schenken möchte.

Lassen wir die österliche Bußzeit nicht vergehen, ohne diese Wüstenwanderung zu Ende gebracht zu haben, lassen wir sie nicht vergehen, ohne wirklich diesen Satz uns als Leitwort des Lebens zu Herzen zu nehmen: „Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen, und ihm allein dienen!“

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